Bundesverband Nordisches Modell
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Anstoß: Passend zum Beginn der Europameisterschaft startet die Kampagne #Rote Karte für Freier – für eine EM ohne Sexkauf
Berlin 08.06.2024
2024 soll sich das Sommermärchen von 2006 wiederholen – die Fußballeuropameisterschaft der Herren ist zu Gast in Deutschland. Doch das Sommermärchen hat auch seine Schattenseiten. Bekanntermaßen wird bei Groß-Sportveranstaltungen eine zunehmende Nachfrage nach Prostitution festgestellt, die Menschenhandel fördert und der Gewalt gegen Frauen in der Prostitution Vorschub leistet.
Mit der Kampagne #RoteKartefürFreier – für eine EM ohne Sexkauf adressiert und problematisiert der gemeinnützige, politisch und konfessionell unabhängige Bundesverband Nordisches Modell – zur Umsetzung des Gleichstellungsmodells in Deutschland e.V. die Nachfrage nach Prostitution. Der Verein spricht mit der Kampagne die Gesamtgesellschaft in Deutschland an und will dazu anregen sich mit Menschenrechten während Groß-Sportveranstaltungen auseinanderzusetzen.
Prostitution führt zu eklatanten Menschenrechtsverletzungen und vielfältigen Formen von Gewalt gegen Frauen. „Freier fördern durch ihre Nachfrage nach Prostitution nicht nur den Menschenhandel zum Zweck sexuellen Ausbeutung“, betont Simone Kleinert vom Bundesverband Nordisches Modell, „sondern üben direkte Gewalt gegen prostituierte Frauen aus. Die allermeisten prostituierten Frauen sind fremdbestimmt oder stehen unter Zwang. Jeder Kontakt mit einem Freier geschieht somit unfreiwillig“, erklärt Kleinert. Der Verein hat die Kampagne initiiert, um eine breite Öffentlichkeit für die Thematik, auch über die Europameisterschaft hinaus, zu sensibilisieren. Die Kampagne appelliert an (junge) Männer und potenzielle Freier, Fußballfan zu sein, aber kein Freier zu werden.
Zudem ist die Kampagne mit Forderungen an die Politik, die Strafverfolgungsbehörden und die Öffentlichkeit flankiert, um während der Europameisterschaft konkrete Maßnahmen, die während Sport-Großveranstaltungen ergriffen werden können, umzusetzen.
Die Kampagne fußt auf einer Mitmachaktion: Menschen können sich mit Postkarten mit dem Statement-Aufdruck #RoteKartefürFreier fotografieren und ihr Foto unter dem #RoteKartefürFreier auf Social Media posten. Begleitet wird die Kampagne von einem Kurzfilm, der das Thema Prostitution künstlerisch aufgreift. Es können Aktions-Kits bestellt werden, um vor Ort bei Spielen oder Public Viewings aktiv zu werden. Es enthält Rote Karten auf Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch, mehrsprachige Flyer, Poster, Sticker und Bierdeckel.
„Alle sind aufgefordert mitzumachen und Freiern die Rote Karte zu zeigen. Jede und jeder kann so ganz einfach ein Zeichen für Menschenrechte setzen“, sagt Simone Kleinert vom BVNM motivierend.
2024 soll sich das Sommermärchen von 2006 wiederholen – Die Fußballeuropameisterschaft der Herren ist zu Gast in Deutschland. Doch das Sommermärchen hat auch seine Schattenseiten. Im Rahmen von Sportgroßveranstaltungen werden prostituierte Frauen in die Austragungsorte gebracht, um der durch Fans und Gäste gestiegenen „Nachfrage“ zu entsprechen.
Mit unserer Kampagne #RoteKartefürFreier – für eine EM ohne Sexkauf adressieren und problematisieren wir die Nachfrage nach Prostitution. Wir haben die Kampagne initiiert, um eine breite Öffentlichkeit für die Thematik, auch über die EM hinaus, zu sensibilisieren. Unsere Kampagne appelliert an (junge) Männer und potenzielle Freier, Fußballfan zu sein, aber kein Freier zu werden.
Der gemeinnützige, politisch und konfessionell unabhängige Bundesverband Nordisches Modell – zur Umsetzung des Gleichstellungsmodells in Deutschland e.V. hat die Fußballeuropameisterschaft der Herren (EM) dazu veranlasst, die Gesellschaft in Deutschland mit der Kampagne #RoteKartefürFreier – für eine EM ohne Sexkauf auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen: Prostitution führt zu eklatanten Menschenrechtsverletzungen und vielfältigen Formen von Gewalt gegen Frauen. Freier fördern durch ihre Nachfrage nach Prostitution nicht nur den Menschenhandel zum Zweck sexuellen Ausbeutung, sondern üben direkte Gewalt gegen prostituierte Frauen aus. Die Kampagne ist mit Forderungen an die Politik, die Strafverfolgungsbehörden und die Öffentlichkeit flankiert. Trotz verschiedener Gesetzesreformen und -verschärfungen im Bereich Prostitution (2017) und Menschenhandel (2016) gelingt es weiterhin nicht, Prostituierte zu schützen, die Organisierte Kriminalität in der Prostitution zurückzudrängen und Menschenhandel und Zwangsprostitution nachhaltig zu bekämpfen. Bekanntermaßen wird bei Groß-Sportveranstaltungen eine zunehmende Nachfrage nach Prostitution festgestellt, die Menschenhandel fördert und der Gewalt gegen Frauen Vorschub leistet.
Die Kampagne fußt auf einer Mitmachaktion. „Rote Karten“ dienen als Accessoire mit Statement-Charakter. Menschen können sich mit den Roten Karten fotografieren und ihr Foto unter dem #RoteKartefürFreier auf Social Media posten.
Begleitet wird die Kampagne von einem Kurzfilm, der das Thema Prostitution und Sexkauf künstlerisch aufgreift. Es können Aktions-Kits bestellt werden, um vor Ort bei Spielen oder Public Viewings aktiv zu werden. Es enthält Rote Karten auf Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch, mehrsprachige Flyer, Poster, Sticker und Bierdeckel. Bei Betterplace läuft eine Spenden-Sammelaktion.
Es gibt ausreichend Hinweise, die auf einen Zusammenhang zwischen Sport- Großveranstaltungen und einem Anstieg der Nachfrage nach Prostitution schließen lassen.
Bereits im März 2006 – kurz vor der Fußball Weltmeisterschaft der Herren in Deutschland - wies das Europäische Parlament mit der EU-Resolution Entschließung des Europäischen Parlaments zur Zwangsprostitution im Rahmen internationaler Sportereignisse[1] auf die Problematik der zunehmenden Nachfrage nach Prostitution während Sport-Großveranstaltungen hin. Es stellte die Notwendigkeit fest, die Nachfrage der Freier durch Sensibilisierung zu reduzieren. Dem kommen wir mit unserer Kampagne #RoteKartefürFreier – für eine EM ohne Sexkauf nach.
DieOSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) hat im Dezember 2023 Behörden und internationale Organisationen zu einem Runden Tisch zur Verhinderung sexueller Ausbeutung im Zusammenhang mit großen Sportveranstaltungen[2] eingeladen, bei dem auch der Bundesverband mit zwei Vorstandsfrauen vertreten war.
Frankreich begegnet aktuell im Hinblick auf die Olympischen Sommerspiele 2024 der möglichen Steigerung der Nachfrage nach Prostitution. So initiiert z.B. die Stadt Saint-Denis verschiedene Maßnahmen zur Bekämpfung der Prostitution [3].
Airbnb[4] verpflichtet sich, während der Olympischen Sommerspiele in Frankreich Zuhälterei und Menschenhandel zu bekämpfen.
Die deutsche Prostitutionsgesetzgebung mit dem Prostitutionsgesetz von 2002 und dem Prostituiertenschutzgesetz von 2017 geht von einer Freiwilligkeit der Prostituierten aus, die ohne Zwänge der Prostitution nachgehen. Dies ist jedoch meist nicht der Fall. ExpertInnen der Strafverfolgungsbehörden und Aussteigerinnen aus der Prostitution bestätigen, dass der Großteil der Prostituierten fremdbestimmt ist und sich aufgrund von Zwängen und Notlagen in der Prostitution befindet. Die männliche Nachfrage nach Prostitution ist höher als das „Angebot“. Freier befördern durch ihre Nachfrage nach Prostitution die Zwangsprostitution und den Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung. Deutschland ist zum Land für Sextourismus geworden. Es ist international bekannt, dass sexuelle Handlungen hier einfach, billig sowie legal zu kaufen sind. Der Sexkauf hat durch die Legalisierung des Prostitutionsmarkts eine Normalisierung erfahren, die die Nachfrage nach Prostitution befördert. Eine erhöhte Nachfrage nach Prostitution erhöht auch immer den Profit, den Zuhälter und Menschenhändler aus der Prostitution anderer – zum Großteil Frauen – ziehen können. Deshalb nehmen wir Einschätzungen wie die der OSZE zum Zusammenhang von Sportgroßveranstaltungen und sexueller Ausbeutung, sehr ernst.
Aussteigerinnen aus der Prostitution, die in unserem Bundesverband vertreten sind, gehen aufgrund ihrer Expertise stark davon aus, dass es zur EM eine vermehrte Nachfrage geben wird.
[1]Prostitution betrifft in erster Linie Frauen. Die Situationsbeschreibungen treffen jedoch vielfach auf Männer und Transpersonen zu. Zu ergreifende Maßnahmen müssen auch sie inkludieren.
[2]https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-6-2006-0086_DE.html?redirect
[3]https://www.osce.org/cthb/560656
[4]https://ville-saint-denis.fr/actualites/lutte-contre-prostitution
[5]https://www.deutschlandfunk.de/airbnb-verpflichtet-sich-zum-kampf-gegen-prostitution-102.html
Wir haben anlässlich der Europameisterschaft ein Forderungspapier verfasst. Dieses fokussiert konkrete Maßnahmen, die während Großveranstaltungen ergriffen werden können.
Grundsätzlich fordern wir ein Umsteuern in der Prostitutionspolitik und die Einführung des Nordischen Modells. Dieses sieht Prostitution als eine Form geschlechtsspezifischer Gewalt an. Das Nordische Modell besteht aus vier Säulen, die ihre Wirksamkeit im Zusammenspiel entfalten:
Die Länder, die das Nordische Modell bereits umsetzen, können positive Entwicklungen verzeichnen. Die Nachfrage nach Prostitution sinkt und der Prostitutionsmarkt wird kleiner und unattraktiv für den Menschenhandel. Dies bedeutet weniger Betroffene und Opfer von Menschenhandel. Ausstiegsprogramme eröffnen den Betroffenen neue Perspektiven, stellen Gesundheitsversorgung bereit und ermöglichen prostituierten Menschen ein Leben außerhalb der Prostitution. Außerdem wird die Kriminalprävention und die Strafverfolgung erleichtert. In Frankreich konnte seit 2016 die Zahl geführter Verfahren wegen Zuhälterei um mehr als das doppelte gesteigert werden. Auch die Einstellung der Bevölkerung verändert sich. In Schweden[1] befürworten mittlerweile 70% die Kriminalisierung des Sexkaufs. Prostitution wird als unvereinbar mit der Gleichstellung der Geschlechter angesehen.
[1]https://sverigeskvinnoorganisationer.se/wp-content/uploads/2023/12/Sex-pruchase-in-Sweden-Germany-Fact-sheet.pdf
Die deutschen Prostitutionsgesetze gehen davon aus, dass Prostitution eine auf Freiwilligkeit basierende Entscheidung der Prostituierten darstellt. Das ist in den meisten Fällen falsch. ExpertInnen der Strafverfolgungsbehörden und Aussteigerinnen aus der Prostitution bestätigen, dass ca. 80 % der Prostituierten fremdbestimmt in der Prostitution sind. Das heißt: Ein Großteil der Prostituierten ist Opfer von Zwangsprostitution oder von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung. Die männliche Nachfrage nach Prostitution ist höher als das Angebot. Daher kann man sagen: Freier befördern durch ihre Nachfrage die Zwangsprostitution und den Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung. Deutschland ist sogar zu einem Zielland für Sextourismus geworden.
Auch die OSZE adressiert die Nachfrage in dem Papier Entmutigung der Nachfrage, die den Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung begünstigt[1]. Das Hauptziel des Papiers besteht darin, die Umsetzung staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Nachfrage zu unterstützen und zu verbessern.
Der Bundesverband Nordisches Modell e.V. setzt sich dafür ein, dass die Nachfrage auch im Aktionsplan gegen Menschenhandel aufgenommen wird, den die Bundesregierung unter Regie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend[2] derzeit erarbeitet.
[1]https://www.osce.org/cthb/489388
[2]https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/nationaler-aktionsplan-gegen-menschenhandel-beteiligungsprozess-startet-229994
Ja, die gibt es. Volljährige Freier machen sich nach § 182 Abs. 2 StGB strafbar, wenn die Prostituierte minderjährig ist. Wenn ein Freier eine Prostituierte für sexuelle Handlungen bezahlt, die Opfer von Zwangsprostitution oder Menschenhandel ist, macht er sich gemäß §232a Abs. 6 StGB strafbar.
ABER: Anders als beim Fußball, wo ein Foul aufgrund der Rechtslage (hier: Spielregeln)
sofort geahndet wird, gibt es keine bekannten Fälle, in denen Freier Strafen erhalten haben.
Lesen Sie hier alles zur Strafbarkeit des Freiers gemäß §232a Abs. 6 StGB:
Ein legalisierter Prostitutionsmarkt ermöglicht Männern, sexuelle Handlungen legal zu kaufen. Dies läuft dem Verständnis eines auf Freiwilligkeit beruhenden sexuellen Konsens entgegen. Ohne den Transfer von Geld käme es zu keinen sexuellen Handlungen zwischen dem Freier und der prostituierten Frau. Die Frauen sind in den meisten Fällen auf das Geld angewiesen; es besteht kein sexuelles Begehren. Die meisten Frauen haben keine Wahlmöglichkeit. Entweder werden sie zur Prostitution gezwungen oder werden durch Perspektivlosigkeit in die Prostitution gedrängt. Im System Prostitution wird Konsens durch das Zahlen von Geld umgangen. Die meisten Frauen erleben die Prostitution an sich als Gewalt. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Sportgroßveranstaltung stattfindet oder nicht. Unsere Kampagne #RoteKartefürFreier – für eine EM ohne Sexkauf will bei der Europameisterschaft ein breites Publikum erreichen. Die Botschaft gilt aber über die EM hinaus: Sexkauf ist Gewalt und mit der Gleichstellung der Geschlechter unvereinbar.
2006 war das Prostitutionsgesetz erst seit vier Jahren in Kraft. Es sollte die Arbeitsbedingungen der Prostituierten verbessern und ihnen ermöglichen, sich sozialversicherungspflichtig anzumelden. Zudem sollte das damalige Rotlichtmilieu mit seinen kriminellen Strukturen durch die staatlich liberalisierte Prostitution verkleinert werden. Keine Ziele sind erreicht worden, wie die Evaluation des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend[1]bereits 2007 zeigte.
Heute sind vor allem Frauen aus Rumänien, Bulgarien und Ungarn in der Prostitution in Deutschland vertreten. Drei Länder, die zu den ärmsten in Europa gehören. Seit der EU-Osterweiterung 2004 und 2007 dürfen Personen aus den Beitrittsländern durch die Dienstleistungsfreiheit in Deutschland als Selbständige arbeiten. Die wirtschaftliche Situation, aber auch die Erfahrung von Diskriminierung zum Beispiel aufgrund der ethnischen Zuschreibung in den Herkunftsländern, führen zu einer hohen Migrationsbereitschaft. Menschenhändler und Zuhälter machen sich diese Situation zu Nutze, um Frauen in den hier legalisierten Prostitutionsmarkt zu bringen und sie sexuell auszubeuten. Gleichzeitig lässt sich seit der Legalisierung der Prostitution in Deutschland eine Normalisierung von Sexkauf sowie ein „Preisverfall“ beobachten, der die Nachfrage nach Prostitution erhöht hat und die Situation der Prostituierten stetig verschlechtert. Prostituierte sind in Deutschland offiziell als Selbständige tätig, was nicht über die tatsächliche Fremdbestimmung hinwegtäuschen darf. Außerdem sind Romnja in der Prostitution überrepräsentiert, was auf die besondere Vulnerabilität dieser Gruppe hindeutet.
Eine Studie von Wissenschaftlern der Universität Heidelberg und Marburg sowie der London School of Economics[3] hat ergeben, dass überall dort, wo Prostitution legal ist, vermehrt Menschenhandel stattfindet. Daher kann man die Situation im System Prostitution zur Weltmeisterschaft von 2006 nicht mehr mit der heutigen Situation im Jahr 2024 vergleichen.
[1]https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/bericht-der-bundesregierung-zu-den-auswirkungen-des-gesetzes-zur-regelung-der-rechtsverhaeltnisse-der-prostituierten-prostitutionsgesetz-prostg--80766
[2]https://www.cducsu.de/sites/default/files/2023-11/Positionspapier%20Sexkauf%20bestrafen.pdf
[3] Cho, Seo-Young & Dreher, Axel & Neumayer, Eric, 2013. "Does Legalized Prostitution Increase Human Trafficking?" World Development, Elsevier, vol. 41(C), Seiten 67-82 https://www.uni-heidelberg.de/presse/news2013/pm20130527_prostitution.html
Gelangen Sie hier zu dem gesamten FRAGEN & ANTWORT Papier:
Sie können die Fotos unter Nennung des
Fotografen Jannes Jeising und der
Kreativ-Direktorin Christin Nasto nutzen.
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